Voice Dialogue und Intrapsychische Systemarbeit

Voice Dialogue betrachtet die unterschiedlichen und oftmals gegensätzlichen Persönlichkeitsanteile als eigenständige Innere Personen, die an bestimmten Plätzen im Raum über wertfreies Annehmen tiefer verstanden werden können.

Die Inneren Personen, die bei Voice Dialogue untersucht werden, befinden sich in der Regel rechts, links oder zentral hinter den Klient*innen.

Das Konzept der Inneren Personen und der respektvolle Umgang mit ihnen bildet die Grundlage der Intrapsychischen Systemarbeit (IPS).

Im Unterschied zu Voice Dialogue bezieht die IPS Innere Personen mit ein, die in einiger Entfernung VOR uns stehen und uns unbewusst in einer permanenten Schutzhaltung gefangen halten. Diese Inneren Personen sind jedoch keine Persönlichkeitsanteile, sondern lediglich innere Bilder, die realitätsgetreu die verinnerlichten Erfahrungen mit unseren Eltern wiedergeben. Solange diese sogenannten Introjekte kritisch oder abweisend auf uns blicken, schützen wir uns vor ihnen und entwickeln Reaktionshaltungen, die wir unbewusst immer wieder auf die Menschen projizieren, denen wir eigentlich nahe sein wollen.

Die Intrapsychische Systemarbeit richtet ihren Fokus zunächst auf die Wechselwirkung zwischen Introjekt und Schutzhaltung. Beide verändern sich schrittweise. Indem wir auf dem Platz des Introjekts in die Lebensgeschichte der Eltern eintauchen und darüber tiefer verstehen, warum sie uns unbewusst Leid zugefügt haben, verändert sich auch unsere Schutzhaltung. Diese erübrigt sich von alleine, wenn die Introjekte erlöst sind und dann in Liebe und mit Wohlwollen auf uns blicken.

Bei der Arbeit mit den Introjekten beziehen wir deren Introjekte (Großelterngeneration) mit ein. Wir finden sie im Energiefeld hinter dem „Bewußten Ich“, also dort, wo wir bei Voice Dialogue die Inneren Personen aufsuchen, die unser Ich oder unser Potential ausmachen. Die Großeltern sind ein inneres Bild, das wir in uns tragen, weil wir aus einer tiefen Verbundenheit mit den Eltern unbewusst deren Lebensgeschichte gespeichert haben.

Bei Klient*innen, die über Jahre mit Voice Dialogue an ihrem Prozess gearbeitet und sich dann auf Intrapsychische Systemarbeit eingelassen haben, konnte ich mehrfach eine interessante Feststellung machen: Innere Personen, die sich über Voice Dialogue zeigten und schwer anzunehmen oder tiefer zu führen waren, erwiesen sich nun als innere Bilder der Großelterngeneration oder als abgespaltener Teil der Eltern-Introjekte. Sie wurden den Klient*innen fälschlicherweise als eigene Persönlichkeitsanteile zugeordnet.

Deshalb lohnt es sich, die Introjekte miteinzubeziehen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu Voice Dialogue besteht darin, dass die IPS in jeder Sitzung die abgespaltenen Persönlichkeitsanteile miteinbezieht. An den jeweiligen Plätzen im Raum, wo man sie auffinden kann, werden sie zwar wie Innere Personen erlebt, aber den Klient*innen als das erklärt, was sie sind: der jeweilige Persönlichkeitsanteil, der mit dem Alltags-Ich nicht vereinbar ist und deshalb aus dem Bewusstsein verbannt wird.

Bei Voice Dialogue sind die Plätze im Raum, an denen die Inneren Personen vorgefunden werden, individuell verschieden. Klient*innen und Begleiter*innen erspüren den richtigen Platz für sie.

Die IPS gibt die Plätze im Raum vor. Vor allem bei der Arbeit im Tieferen Raum haben die Plätze eine exakt definierte Bedeutung und ermöglichen es, dass ganz bestimmte Anteile der Psyche sich auf den jeweiligen Plätzen zeigen. Die Lokalisation und Anordnung der Plätze scheint eine verborgene Ordnung der Psyche widerzuspiegeln, weil sich bei allen Klient*innen die gleiche Dynamik zeigt.

Die Intrapsychische Systemarbeit untersucht immer nur eine Innere Person (als Teil ihres ICHs), nämlich die, die jetzt vor uns sitzt und das momentane Icherleben der Klientin oder des Klienten ausmacht. Wir geben ihr einen Platz hinter dem Stuhl, wobei der Stuhl für das Bewußte Ich steht, wie Hal und Sidra Stone – die Begründer von Voice Dialogue – diese Instanz bezeichnet haben.

Diese Innere Person hat vergessen, was sie abgespalten hat, und ist gleichzeitig in einer Reaktionshaltung gefangen. Sie verändert sich nach jeder Sitzung. Wir untersuchen nur diese Veränderung und richten den Fokus auf die Transformation der Introjekte und Integration der abgespaltenen Persönlichkeitsanteile.

Ich bin Hal und Sidra Stone sowie Artho Wittemann, einem ihrer Schüler, bei dem ich über mehr als 10 Jahre Voice Dialogue und Individualsystemik gelernt habe, zutiefst dankbar für all das Wissen, das sie mir vermittelt haben. Ohne sie hätte ich diese Methode nicht entwickeln können.